Der Hund und Silvester

Der Hund und Silvester

Silvester – für den einen ein Abend voller Spaß mit Silvesterraketen, die den nächtlichen Himmel bunt erstrahlen lassen, für den anderen mit einem ängstlichen Hund der pure Stress. Denn schon vor Silvester werden die ersten Knaller auf der Straße gezündet und spätestens in der Silvesternacht liegt der Hund unter dem Bett und lässt sich selbst mit Leberwurst nicht mehr hervorlocken. Zittern, Sabbern und aufgeregtes Hecheln inklusive.

Grund genug für uns, einmal einen Blick auf mögliche Gegenmaßnahmen zu werfen. Hierbei haben wir die Auswahl beschränkt auf Behandlungsmethoden, die wir selbst als wirksam ansehen. Fehlende Aspekte sind daher gewollt.

Medikamentöse Behandlung

Es eignen sich Wirkstoffe aus der Gruppe der Benzodiazepine. Das Mittel der Wahl zur kurzfristigen medikamentösen Unterstützung ist das Benzodiazepin Alprazolam. Es wirkt stark anxiolytisch, also angstlösend und kann sowohl im Notfall bei gerade erfolgten Geräuschtraumen, als auch zur Prophylaxe eingesetzt werden. Abhängig vom Grad der Geräuschphobie sollte 3 bis 4 Tage vor Silvester mit einer medikamentösen Behandlung begonnen und wegen der Gefahr der Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit nach Silvester über mehrere Tage ausgeschlichen werden.

Es sollten auf keinen Fall Medikamente gegeben werden, die einen starken Einfluss auf den Blutdruck haben (z.B. ist Azepromazin, welches leider noch von vielen Tierärzten verabreicht wird, bei einer Geräuschphobie kontraindiziert.) Erfahrungsberichte von Hundebesitzern zeugen dabei von einer Steigerung der Angst bei gleichzeitiger Unfähigkeit sich zu bewegen.
Zeitgleich kann man zur Unterstützung des Wohlbefindens D.A.P geben (Dog Appeasing Pheromon, z.B. in Adaptil enthalten). D.A.P. ist ein Pheromon, das von der säugenden Hündin ausgeschieden wird und beruhigend auf die Welpen wirkt.
Ein ähnliches Wirkprinzip haben Zylkene und Relaxan, beides sind körpereigene Stoffe die einerseits auf den GABA Rezeptor wirken, andererseits in Serotonin umgewandelt werden. Somit wird der Hund durch körpereigene Stoffe beruhigt. Das Medikament hat keine Nebenwirkungen und erzeugt keine Abhängigkeit.

Schilddrüsenprobleme

Ein Angstverhalten kann als Ursache eine Schilddrüsendysfunktion aufweisen. Dabei ist jedoch oft ein plötzliches Auftreten von Angst symptomatisch. Auch können Aggressionsverhalten, langsamer Stressabbau oder Stimmungsschwankungen hinzu kommen.

Eine Schilddrüsendysfunktion kann mit einer Blutuntersuchung diagnostiziert werden. Hier ist dann die Gabe von Schilddrüsenmedikamenten hilfreich.

Entspannungs-Box (der sichere Ort)

Die Entspannungs-Box ist eine Transportkiste oder Ähnliches, das für den Hund mit Textilien ausgelegt wird, die nach dem Besitzer riechen. Hierhin kann sich der Hund zurückziehen, wenn er seine Ruhe haben möchte. Die Box sollte dunkel und ruhig stehen und möglichst weit von der Geräuschquelle (was bei Feuerwerk dementsprechend Türen und Fenster sind). Der Aufenthalt an diesem Ort wird bereits außerhalb der kritischen Zeit mit Leckerchen, Lob, Spiel und Streicheln gefördert. Niemals darf der Hund in die Box hinein gezwungen werden.

Geräusche CD (Desensibilisierung)

Es gibt verschiedene CDs mit Geräuschen. Am sinnvollsten ist es, mit der Konditionierung bereits im jugendlichen Alter des Hundes zu beginnen. Dazu legt man die CD ein und lässt sie sehr leise für wenige Minuten laufen. Dabei bekommt der Hund sein Lieblingsfutter oder ein schönes Spiel geboten. Nach und nach reguliert man die Lautstärke im Verlauf von Tagen bis Wochen, so dass der Hund lernt, dass diese Geräusche keine Bedrohung darstellen. Entscheidend bei der Arbeit mit CDs ist die Dauer der einzelnen Aufnahme; sie sollte länger als eine Minute sein. Bei kurzen Geräuschaufnahmen, die über eine Wiederholungsschleife verlängert werden, lernen die Hunde die Pausen mit. Ein Bezug zu realer Geräuschexposition scheint dann erschwert. Die Therapie sollte nicht begonnen werden, wenn eine stressfreie Zeit beginnt. Dementsprechend eben nicht eine Woche vor Silvester.

Baut man das Training richtig auf, kann sich die Angst des Hundes vor Silvestergeräuschen deutlich reduzieren. Die Desensibilisierung wurde auch von konsequenten Anwendern bestätigt. Es scheint jedoch Hunde zu geben, die klar unterscheiden können, dass die Geräusche von CD nicht die „außen“-Geräusche sein können. Daher bleibt auch hier nur der Selbst-Test.

Thundershirt

Das Thundershirt ist ein speziell für ängstliche Hunde entwickeltes Shirt, das sich eng an den Hundekörper anschmiegt und so den Hund beruhigt. Es gibt für den Menschen wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass sich Umarmungen auf den Blutdruck auswirken und durch die Bildung von Oxytocin und Prolaktin den Blutdruck senkt. Das ist für Hunde nicht nachgewiesen, die Wirkung des Shirts legt das jedoch nahe.

Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen für das Shirt. Unter diesem Blog sind jedoch einige Testberichte zusammengefasst:
http://blog.hundeshop.de/produkttest-thundershirt/

Da das Produkt allerhöchstens dem Geldbeutel schadet, spricht nichts dagegen, es auszuprobieren.
Generelles:
• Den Hund an diesen Tagen auf keinen Fall ableinen. Viele kaufen Böller bereits vor Silvester und ein lautes Knallen hat schon manchen Hund in Panik versetzt. Das dann noch in der Nähe einer Straße ist denkbar gefährlich.
• Fenster abdunkeln, damit der Hund die Lichtblitze nicht sieht. Nimmt Angst.
• Fernsehsender ohne Feuerwerksübertragung einschalten. Lenkt ab.
• Bei manchen Hunden helfen zum Zeitpunkt der Knallerei ganz besondere Leckerlies.
• Hund im Haus anleinen und bei sich behalten. Nicht bemitleiden, aber auch nicht bestrafen.
• Abgedunkelte Box oder eine andere Rückzugmöglichkeit zur Verfügung stellen (siehe Entspannungs-Box).
• Hund mit auf das Sofa und ins Bett nehmen, damit er nah bei seinem Menschen ist.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite

Ihre Tierarztpraxis Dr. Ansgar Waldmann